Zur See ist nach Mittagsstunde und Altes Land der dritte Roman der 58-jährigen Schriftstellerin aus Husum. Und auch mit diesem Roman ist ihr der Sprung in die Bestsellerliste gelungen. Ein Unding, dass Zur See nicht einmal auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis zu finden war.
Die Handlung der „großen Anti-Idyllikerin“ Hansen spielt diesmal auf einer Nordseeinsel. Im Vordergrund steht die seit Ewigkeiten dort lebende Familie Sander, die sich mit der Zerstörung, dem Lärm und der Ahnungslosigkeit von Touristen rumschlagen muss. Und gleichzeitig noch mit ganz persönlich Kämpfen beschäftigt ist.
Zur See ist mit viel Liebe und in authentisch norddeutschem Ton geschrieben
Klug und mit großer Wärme erzählt Dörte Hansen vom Wandel einer Inselwelt, von alten Gesetzen, die ihre Gültigkeit verlieren, und von Aufbruch und Befreiung.
Der Inselroman weckt vermutlich nicht nur in mir die Sehnsucht nach Meer. Es zeigt eine Welt, die es so nicht mehr gibt und nur noch in den Erinnerungen früherer Generationen weiterlebt.
Kapitel für Kapitel stellt die Autorin die Mitglieder der Familie Sander wie Figuren auf ein Spielbrett und lässt sie ihre Züge machen. Sie alle sind angeschlagen, vom Leben ramponiert, oft liebes- und kommunikationsunfähig. Und all das schafft Hansen ohne viel wörtliche Rede – das muss man erst einmal können.
Alle sind auf der Insel geblieben und haben ihren Weg gefunden, sie dennoch zu verlassen. Ryckmer ist dem Alkohol verfallen, seine Schwester Eske dem Heavy Metall, sein Bruder Henrik der Kunst – und der Vater? Vater Jens widmet sich dem Beobachten der Seevögel und Mutter Hanne – lest es am besten selbst. Ihr werdet es nicht bereuen, denn Dörte Hansen ist ein Glücksfall für die deutsche Literatur.
Wer Frau Hansen bei einer Lesung erleben möchte, kann dies tun. Beispielsweise liest sie am 27. Dezember 2022 in Wyk auf Föhr (Tickets kosten 20 Euro).
Dörte Hansen: Zur See: Roman. Gebundene Ausgabe. 2022. Penguin Verlag. ISBN/EAN: 9783328602224. Der Preis: 24,00 €
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