Das Buch Sunset Park von Paul Auster ist kein neues Buch und wurde bereits 2010 in Amerika veröffentlicht, aber dennoch möchte ich es euch hier ans Herz legen.
Es handelt über ein Amerika in der Depression. Wie der Autor das Leben von vier jungen Menschen im krisengeschüttelten Amerika, die in einem besetzten Haus in Brooklyn unter prekären Verhältnissen zusammenleben, in wechselnden Perspektiven beschreibt, hat mich sichtlich beeindruckt.
Der Protagonist des Buchs ist 28 Jahre alt, heißt Miles Heller und wohnt in Florda. Er ist bereits ein alter Mann. Denn er ist antrieblos und irgendwie „fertig mit seinem Leben“. Heller war mal ein hochbegabter Junge mit besten Aussichten, doch er hat das College abgebrochen und den Kontakt zu seiner Familie ebenso.
Sunset Park wurde sehr gut von Werner Schmitz übersetzt
Seither übt er sich darin, im Hier und Jetzt zu leben, keine Pläne zu haben und keine Ziele, „soll heißen, nichts ersehnen und nichts erhoffen“. Und nichts begehren. Von den Zigaretten lässt er die Finger, vom Alkohol und von den Frauen. Und auch was er an wechselnden Orten und in wechselnden Jobs verdient, als Aushilfskoch oder Möbelpacker, rührt er nicht an.
Sunset Park erzählt übrigens auch davon, wie die Vergangenheit Teil der Gegenwart bleibt und trotzdem „Neuanfänge möglich“ sind. Alle Figuren in Sunset Park haben irgendwann einmal William Wylers Film „Unsere besten Jahre“ aus dem Jahr 1946 gesehen, in dem es um drei Kriegsheimkehrer geht und ihren langen Weg zurück ins zivile Leben. Für jeden der Protagonisten im Buch ist dieser Film ein wichtiger Referenzpunkt der Selbstwahrnehmung.
Jede der Personen erleidet Schicksalsschläge, traf in der Vergangenheit Fehlentscheidungen, die ihr weiteres Leben maßgeblich beeinflussen und Auster gelingt es, diese menschlichen Dramen sprachlich grandios herauszuarbeiten und (zum ersten Mal in seiner Laufbahn als Schriftsteller) erzählt er die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven.
Es ist die Geschichte von Niederlagen, deren Ursachen nicht rechtzeitig erkannt wurden, um sie so abzumildern, dass man einen Neuanfang hinbekommen hätte, ohne seine Würde zu verlieren.
Auster begleitet seinen Helden Miles auf den schwierigen Weg zur Selbstfindung, die in diesem Fall nichts anderes sein kann als eine Rückkehr in ein geordnetes Leben.
Es ist ein beklemmendes Buch, das zwar Amerika vorführt, aber den globalen Kollaps meint. Es ist kein spannendes Buch, weil es gar nicht vorrangig um die einzelnen, von Auster natürlich gewohnt brilliant erzählten Geschichten geht. Es geht um das Ganze, den Moloch, den Drachen, das alles Verschlingende, das alles Individuelle zerstörende. Das zu beschreiben, ist Auster auf 320 Seiten gelungen. Anzeige: Hier könnt ihr Sunset Park bestellen (Amazon, 9,99 Euro).
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