Kite-Surfen ist mehr als nur eine Trend-Sportart

Kite-Surfen ist mehr als nur eine Trend-Sportart

Auf etwa 500.000 aktive Kitesurfer schätzen Experten die globale Kitsurfgemeinde, Tendenz weiter (stark) steigend. Aber was ist dran an diesem Sport, der sich von einer Trend- zur Breitensportart entwickelt? „Kiten kann man schneller lernen als Windsurfen und bis ins hohe Alter dabeibleiben. Es ist ein bisschen wie Fahrrad fahren“ – so Linus Erdmann, fünffacher deutscher Meister.

Eine meiner Freundinnen ist großer Kite-Fan und ihrer Schwärmerei ist es verdanken, dass ich mich jetzt einmal mit dem Kitesurfen befasse – obwohl ich persönlich ungern ins Meer gehe. Und nicht, weil ich nicht schwimmen kann! Dass das Schwimmen aber genauso notwendig und wichtig ist wie das Einhalten bestimmter Regeln, könnt ihr euch denken. Was es mit dem Hype Kitesurfen auf sich hat? Ich gehe dem Phänomen mal auf den Grund.

Generell ist keiner zu jung oder zu alt, um diesen Sport, auch Kiteboarden oder schlicht Kiten genannt, zu erlernen. Auch die Annahme, dass man besonders viel Kraft und durchtrainierte Muskeln zum Kitesurfen braucht, ist ein Irrtum. Denn durch das Trapez wird die Kraft auf den ganzen Körper verteilt und nicht nur auf die Arme.

Es schadet sicher nicht, eine gewisse körperliche Fitness zu haben. Je nach persönlicher Begabung und gegebenenfalls vorhandenen Vorkenntnissen lernt man das Kite-Surfen relativ schnell. Die Lernkurve ist natürlich steiler, wenn ihr bereits Kenntnisse in anderen Boardsportarten (Surfen, Wake- oder Anowboarden) habt. Lediglich schwimmen sollte man unbedingt können!

Alles, was man zum Kiten braucht, sind Wind, Wasser, einen Schirm und ein Board

Das Brett ähnelt einer Mischung aus Wakeboard, Wasserski und Surfbrett. Es ist als TwinTip konzipiert (das Vorder- als auch das Hinterende sind aufgebogen), sodass man sowohl vorwärts als auch rückwärts fahren kann. Der Schirm oder das Kite, dessen Größe zwischen drei und 13 Quadratmetern variiert, hängt an etwa 20 – 30 Meter langen Schnüren.

Kitesurfen zählt zwar zu den absoluten Trend-, aber auch zu den Risikosportarten, denn es lauern zahlreiche Gefahren, die ihr besser erkennen solltet, wenn ihr schwere und leichte Unfälle sowie die Beschädigung eurer Ausrüstung vermeiden möchtet. Gerade viele Anfänger machen hauptsächlich den Fehler, dass sie ihr eigenes Können über- und die Gefahren unterschätzen. Leider würde ich mich selbst dazuzählen und würde vor einer Kite-Reise unbedingt eine Versicherung abschließen.

Die meisten Unfälle beim Kitesurfen passieren beim Starten und Landes des Kites. Aber woran liegt das? Ein Grund ist, dass man das Starten und Landen einfach unterschätzt. So baut der Kite unkontrolliert Kraft auf, wenn man ihn nicht sauber aus dem Windfensterrand startet. Viele unerfahrene Kitesurfer verlassen sich mehr auf ihr Gefühl, als auf fundierte Kenntnisse, was immer wieder zu schweren Unfällen führt.

Hier einige Tipps für AnfängerInnen

  • Himmelstürmende Anfänger sollten unbedingt einen Helm zu ihrer Ausrüstung zählen
  • Stehtiefes Wasser ist zum Erlernen der Sportart am besten geeignet
  • Habt niemals Angst, aber immer Respekt gegenüber dem Material und der Natur
  • Ein Neoprenanzug (gerade in unseren Breiten) schützt vor Kälte; in Südamerika oder auf Hawaii kann darauf verzichtet werden
  • Handschuhe kosten nicht viel, bieten aber, gerade bei längeren Kitesessions, ein nicht zu unterschätzendes Komfort- und Sicherheitsplus
  • Um den Sport sicher ausüben zu können, benötigt man zumindest (!) einen Kitekurs, in dem ihr die Materialkunde, den fachmännischen Aufbau der Kitesurfausrüstung, das richtige Starten und Landen, verbunden mit den entsprechend international gültigen Handzeichen, erlernt; scheut euch nicht, einen solchen Kurs vorab mitzumachen. Denn auch wenn ihr SurferInnen seid: Kitesurfen ist anders
  • Die Leinen der meisten Kites sind etwa 25 Meter lang, dies ist auch der Mindestabstand, den man zum nächsten Kiter halten sollte
  • Der Kitesurfer, der ins Wasser geht, hat immer (!) Vorrang; ergo: Der Kitesurfer, der an Land gehen will, muss warten
  • Rechnet jederzeit damit, dass andere Wassersportler Fehler machen. Verhaltet euch so, dass ihr jederzeit darauf reagieren könnt ohne euch und andere zu gefährden

Das absolute Kite-Highlight ist für jeden Sportler Hawaii, denn dort kommt nicht nur die Legende Robby Naish her, sondern auch die Winde und das Wasser eignen sich hervorragend für einen Kitetrip. Aber auch in Europa gibt es etliche Hot-Spots. Am Gardasee, an Frankreichs Südküste oder auf dem Kite-Surfer-Mekka Teneriffa kann man akrobatische Grabs, Spins, Loops und bis zu 50 Meter weite Sprünge trainieren.

Hier ist eine kleine Auswahl an Spots zum Kitesurfen mit idealen Lernbedingungen

  • Hamata, Ägypten (bester Wind: Januar – Juni, Oktober – Dezember)
  • El Gouna, Ägypten (bester Wind: Juni – Juli, September)
  • Limnos, Griechenland (bester Wind: Juli, August)
  • Ilha do Guajiru, Brasilien (bester Wind: August – November)
  • Dakhla, Marokko (bester Wind: April – September, Surfspot ein paar Autominuten entfernt)

Die Windsicherheit & Windstärke

Ob in der Zeit, in der ihr einen Kitesurf-Urlaub  plant, auch genug Wind vor Ort ist, lässt sich ganz einfach anhand von Windstatistiken herausfinden. Wenn ihr vernünftig Kitesurfen lernen möchtet, benötigt ihr idealerweise eine Windstärke von etwa 4-6 Beaufort. Der Ort eurer Wahl sollte eine Windsicherheit von mindestens 50 Prozent aufweisen, damit ihr möglichst viel Zeit auf dem Wasser und nicht auf der Sonnenliege verbringen könnt.

4-6 Beaufort? Was ist Beaufort? Käse? Das habe ich mich auch gefragt, und jetzt bin ich schlauer und will euch teilhaben lassen:  Ein englischer Admiral (Achtung, jetzt kommt’s!) namens Sir Francis Beaufort (1774 – 1857) hat eine Skala erarbeitet, mit deren Hilfe anhand der Auswirkungen des Windes die Windstärke geschätzt werden kann (siehe Screenshot). 

Kitesurfen kann man das ganze Jahr betreiben, sofern man das richtige Material nutzt oder gerne reist. Aber auch wer im Winter nicht reisen will, kann auch am Schnee Kitesurfen, also Snowkiten.

Ein weiterer, wichtiger Punkt: Die Kiter-Community

Wenn ich meiner Freundin zuhöre, wenn sie mir von ihren Kite-Erlebnissen berichtet, kommen immer Sätze darin vor wie „die habe ich beim Kiten kennengelernt“. Die noch relativ kleine Community (wie eingangs erwähnt gehen Experten von rund einer halben Millionen Kiter weltweit aus) kennt sich. Als sie im November 2017 in Frankfurt in den Flieger gen Brasilien stieg, sah ihre erste SMS aus dem Flieger so aus.

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