Soll man nach einer Trennung gemeinsam Weihnachten feiern?

In Deutschland leben etwa drei Millionen Kinder unter 18 Jahren bei einem Elternteil oder in einer Patchworkfamilie. Trennungskinder leiden ohnehin schon unter den Umständen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass sich alle um einen respektvollen Umgang bemühen – ganz besonders an solchen Feiertagen wie Weihnachten, an die sich Kinder gerne erinnern.

Viele Trennungskinder wünschen sich, Weihnachten mit der „Alten Familie“ zu feiern. Dass das gut gehen kann, weiß ich aus eigener Erfahrung. Das setzt aber voraus, dass die Getrennten sich weiterhin gut verstehen und keine aufgesetzte Heile-Welt vorgaukeln.

Kinder müssen Trennung akzeptieren

Manche Psychologen raten jedoch davon ab, weil Kinder gemeinsame Weihnachten als Versöhnung der Eltern interpretieren. Sie raten gar dazu – insbesondere, wenn die Trennung erst einige Monate zurückliegt.

Die Erklärung ist auch einleuchtend und sollte von Erwachsenen verstanden werden: Jedes Kind muss lernen, die Trennung der Eltern zu akzeptieren. Ob dies gerade an Weihnachten sein muss, lassen wir einmal dahingestellt.

Meine ehemalige Partnerin und ich habe uns vor drei Jahren im November getrennt und es unseren damaligen elfjährigen Sohn nach Weihnachten gesagt, um ihm die Feiertage nicht zu verderben. Zumal wir nach unserer Trennung noch einige Monate in derselben Wohnung lebten. Gesprochen haben wir dann mit ihm am 1. Januar. Ob das der bessere Tag war, wissen wir bis heute nicht.

Was ist aber, wenn sich die Getrennten gar nicht mehr verstehen?

Wenn der Umgang zwischen getrenntlebenden Eltern nicht mehr so wie früher funktioniert, ist Weihnachten zumindest für einen Elternteil, der die Kinder nicht sehen soll, gelaufen.

Was viele nicht bedenken: Das gilt auch für die Kinder – auch wenn sie schweigen.

Ein Tipp aus Erfahrung (falls es gemeinsam umsetzbar ist) ist, gerade an Weihnachten den Kindern (egal welches Alters) zu zeigen, dass sie trotz Trennung weiter gemeinsame Verantwortung tragen. Das wird vielen Getrennten schwerfallen, aber hier sollten die Erwachsenen über ihren Schatten springen – und im Sinne der kleinen Kinderseelen handeln.

Wenn weite Strecken zu fahren sind, dann ist es sinnvoller, die Weihnachtsfeiertage mit einem Elternteil, Silvester und Neujahr mit dem anderen zu verbringen.
Symbolbild (Credit: LudmilaKot/pixabay)

Einsamkeit gilt als Schande – gerade an Weihnachten

Sind die Kinder beim anderen Elternteil oder man sieht die Kinder über die Feiertage gar nicht, so macht sich teils depressive Einsamkeit Betroffenen breit. Einzelne Kontaktstellen bieten daher Getrenntlebenden und Geschiedenen an, sich mit anderen in ähnlicher Situation zusammenzuschließen. Die Nachfrage ist allerdings gering, Einsamkeit gilt als Schande – gerade an Weihnachten“, so die Vorsitzende des Verbandes ISUV *Melanie Ulbrich.

Recht auf Umgang

Grundsätzlich haben beide Elternteile ein Recht auf Umgang (§ 1684 BGB), was natürlich auch an den Feiertagen gilt. Allerdings überlässt es das BGB den Eltern, den Umgang zu gestalten. Irrtümlich meint oft der betreuende Elternteil, dass er ein Vorrecht hat.

Empathische Umgangsregelungen an Weihnachten sollten den individuellen Verhältnissen angepasst werden.

Wenn weite Strecken zu fahren sind, dann ist es sinnvoller, die Weihnachtsfeiertage mit einem Elternteil, Silvester und Neujahr mit dem anderen zu verbringen.

Wohnen die Elternteile in der Nähe, so wird in der Regel an den Feiertagen gewechselt. Manchmal wird die Ferienzeit geteilt, von Weihnachten bis Silvester bei einem Elternteil, den Rest der Ferien beim anderen. Entscheidend ist, dass die Eltern sich einigen können – was wiederum, ich erwähnte es bereits, voraussetzt, dass sich die Getrennten weiterhin verstehen bzw. gut miteinander reden können.

Auch wenn die Eltern sich nach der Trennung gut verstehen, ist es sinnvoll, das Umgangsrecht schriftlich festzuhalten – schließlich weiß man ja nie, was noch kommt. Hierzu können sich Eltern natürlich auch beraten lassen, beispielsweise beim Jugendamt.

Die Kinder befragen

Sind die Kinder allerdings schon etwas älter, dann sollten auch sie mitentscheiden dürfen, wo sie ihre Zeit und vor allem auch die Weihnachtsfeiertage verbringen. Bei kurzen Strecken können sie sogar alleine zwischen den Eltern pendeln.  

Übrigens: Vor Gericht haben Kinder sogar schon ab 3 Jahren eine Stimme und werden befragt, ob sie lieber bei Mama oder bei Papa leben wollen. Natürlich wird das Alter auch bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt – der Wunsch eines 13-Jährigen hat dabei logischerweise mehr Gewicht, als das eines 5-Jährigen. 


Ratsam ist es, dass auch die Großeltern genau wissen, dass das Trennungspaar nicht mehr zusammenkommt und das klar vor den Enkelkindern vertreten, um keine Hoffnungen zu schüren
Ratsam ist es, dass auch die Großeltern genau wissen, dass das Trennungspaar nicht mehr zusammenkommt und das klar vor den Enkelkindern vertreten, um keine Hoffnungen zu schüren

Folgende Tipps können helfen

– Für Trennungskinder ist es am besten, wenn sie sich frühzeitig darauf einstellen können, was sie an den Feiertagen erwartet!

– Eltern sollten klar und einfühlsam ihren Kindern sagen, dass die Trennung auch für die Weihnachtsfeiertage gilt!

– Vor allem für gerade frisch getrennte ehemalige Paare, kann die Begegnung mit dem anderen Partner zur Katastrophe für die Kinder werden. Also: Aus dem Weg gehen!

– Verzichten sollte man unbedingt auf Vorschriften, wie Weihnachten gefeiert werden soll. Man hat sowieso keinen Einfluss mehr darauf, was es beim Ex-Partner:in zu essen gibt, ob die Großeltern dabei sind und Verwandte kommen usw.

– Die Geschenke für die Kinder sollten, wenn möglich, vorher zwischen den Eltern abgestimmt werden – ratsam ist es auch, dass die Großeltern sich daran halten!

*ISUV= Interessenverband Unterhalt & Familienrecht. Der ISUV ist unabhängig, bundesweit organisiert und als gemeinnützige Organisation anerkannt.

Weitere Themen gibt es hier – u. a. gehen wir der Frage nach, warum einige Menschen Angst vor zuviel Nähe haben.