So verlief mein erstes Tinder-Date!

Vielleicht kennen einige von euch folgendes Szenario: Man hat die 50 überschritten und versucht sich von Zeit zu Zeit vorzustellen, wie es in der zweiten Lebenshälfte weitergehen soll – oder eben nicht weitergehen soll. Die Zeit wird knapp(er), aufschieben sollte keine Option mehr sein und somit kommt alles auf den Prüfstand.

Zumindest verlief das bei mir so. Ich überprüfte also alles: Meine eigene Wohnungssituation (mein 18-jähriger Sohn wird sicher bald aus dem großen Haus ausziehen), mein aktueller Job (ich bin Media-Manager in einem Verlagshaus) und natürlich auch mein Liebesleben.

Gibt es bei Tinder echte Traummänner?

Ich bin seit einigen Jahren vom Vater meines Sohnes geschieden und hatte danach eine turbulente On-Off-Beziehung mit meiner Jugendliebe. Was also tun, um an der Dating-Front etwas frischen Wind reinzubringen und vielleicht den Mann fürs restliche Leben zu finden? An der Frischetheke im Supermarkt habe ich noch nie Blumen geschenkt bekommen, in Clubs und Fitnessstudio sind alle schwitzend mit sich selbst beschäftigt, auf der Straße rennt man ohne sich eines Blickes zu würdigen aneinander vorbei, so jedenfalls in Berlin.

Einige meiner Freundinnen mit ähnlichen Problemen berichteten mir dann von einer gewissen Dating-App, die alles bereithält, was sich Frau jeden Alters so wünscht – TINDER. Ich hatte es bisher für eine reine ONS-Plattform (wer es nicht weiß: das ist die Abkürzung für „One Night Stand“) gehalten, was meine Freundinnen aber verneinten. Auf Tinder sollen angeblich auch Männer unterwegs sein,  die die Frau fürs Leben suchen, langfristige Affären bevorzugen oder eben die Frau für eine Nacht oder einen Fetisch begeistern wollen. Dem musste ich doch mal auf den Grund gehen. Gesagt, getan!

Erst wenn zwei Personen sich gegenseitig liken, ist es ein Match

Die App runterladen, schöne Fotos von mir herauskramen, ein kleines Profil anlegen, das nicht zu viel und auch nicht zu wenig über mich verrät – und es ging los. Im Sekundentakt kann man sich Männer aus der näheren Umgebung anzeigen lassen. So funktioniert es: Nach links wischen heißt „No-Go“, nach rechts wischen signalisiert Interesse ( wenn auch erst einmal nur optisch).

Gibt es einen „Match“, hat die andere Seite euer Antlitz auch interessant genug gefunden. Als nächstes habe ich das gewünschte Alter  auf 40+ eingeschränkt, denn schließlich suche ich einen Partner und keinen Ersatz für meinen flüggen Sohn.

Mein Prinz kam in einem fetten SUV angebraust

Die Mehrzahl der ersten mir angebotenen Männer zeigt sich mit verspiegelter Sonnenbrille, Glatze und/oder Feinrippunterwäsche oder gar Badehose. Also „No-Go’s“. Da interessiert es mich dann auch nicht, ob sie eine Frau fürs Leben oder nur einen ONS suchen. Ich gebe aber nach wenigen Minuten nicht auf, zumal ab und zu auch mal ein nettes Männerlächeln und ein ansprechendes Profil vorbeiswitcht!

Und dann war es endlich soweit – mein erstes Match! Andre, geborener Berliner, sympathisches Lächeln mit einer respektablen Menge an Haaren auf dem Kopf, 48 Jahre alt, Vater einer 16-jährigen Tochter, Single, passionierter Golfer und auf der Suche nach „der Einen“. Um nicht wie eine verwunschene Prinzessin darauf zu warten, dass er Kontakt aufnimmt, schrieb ich ihn umgehend an. Ganz flockig vermelde ich, dass ich mich freue, ihn hier zu treffen und ob er mich nicht vielleicht auch näher kennenlernen wolle. Und? Er wollte!

Wir tauschten Nummern aus und gleich darauf folgte sein erster Anruf. Alles lief super. Er hatte eine schöne Stimme, berlinerte ein bisschen, redete gleich los als würden wir uns schon Jahre kennen.  Ich war begeistert. So einfach ist das also, den Mann fürs Leben zu finden?!  Warum bin ich nicht schon früher auf diese Idee gekommen?

Andre redete viel von seiner Ex

Der Kontakt zu Andre wurde immer enger. Wir redeten oft stundenlang mehrmals am Tag, allerdings immer nur am Telegon. Er erzählte viel von seiner Ex-Freundin, die ich dank meiner hobby-psychologischen Kenntnisse als üble Narzisstin entlarvte. Woraufhin ich mit Komplimenten überhäuft wurde, aufgrund meiner Erkenntnis, was für eine furchtbare Frau er sich da angelacht hatte. Das Thema nahm dann aber unmerklich immer mehr Raum in unserer täglichen Konversation (immer noch nur telefonisch). ein in unserer täglichen Konversation (immer noch nur telefonisch).

Nach zwei Wochen wagte ich dann den Vorstoß und fragte, ob wir uns nicht doch mal im wahren Leben begegnen sollten.

Es könnte ja sein, dass man den Anderen nicht riechen kann oder er doch irgendetwas an sich hat, was man nicht mag. Und überhaupt war es doch Sinn des Ganzen, mal auf Tuchfühlung zu gehen. Er  tat sich zu meiner Verwunderung schwer und fand immer wieder Ausreden, warum er nicht könne.

Nach drei Wochen hab ich ihm dann aber die Pistole auf die Brust gesetzt und drohte mit Telefonsperre. Dann endlich aber kam mein Prinz eines Samstagnachmittags auf seinem Schimmel angeritten (einen Riesen-SUV) samt Geschmeide (Rolex) am Handgelenk. Na ja, nicht so meins, aber es gibt schlimmeres.

Optisch machten wir, wie ich finde, einen tollen Eindruck und zumindest das sollte schon einmal zwischen uns stimmen. Auch das erste persönliche Vier-Augen- Gespräch war entspannt und vertraut, da wir schon etliche Stunden miteinander am Telefon verbracht hatten.

Aber erneut nahm das Gespräch eine Richtung ein, die mir natürlich nicht gefiel: Andre redete erneut über seine vorherige Partnerin.  Nachfragen zu meinem ehemaligen Beziehung gab es keine! Nicht eine einzige!  Langsam kam mir das schon komisch vor.

Nach einer Stunde in einem Café musste er auch wieder los, zog mich an sich und küsste mich zart links und rechts auf die Wangen. Dann ritt er davon mit dem Versprechen, dass wir uns in der folgenden Woche zum Abendessen verabreden könnten und dann mehr Zeit füreinander hätten.

Zu diesem zweiten Date kam es dann aber nicht. Er sagte eine Stunde vorher ab.

Es folgten wieder viele Tage am Telefon. Ein nochmaliger Versuch, sich zu treffen scheiterte wieder von seiner Seite aus. Da wurde mir klar, der Mann ist noch nicht soweit. Er braucht wahrscheinlich noch viele Wochen, vielleicht Monate, bis er wirklich bereit ist für eine neue Beziehung, falls es überhaupt noch mal dazu kommt.

Ein Prinz Andre braucht erstmal keine neue Prinzessin, sondern eine Krankenschwester oder Psychotante, die ihm hilft.  Zum Glück durchschaute die Hobby-Psychologin in mir das noch rechtzeitig. Ich beendete die ganze Tinder-Andre- Sache einfach. Ihr fragt euch wie? Telefonisch natürlich! Es gab – und das wunderte mich nicht – keine große Gegenwehr.

Andre ist seitdem Geschichte und ein neuer Prinz muss her. Nochmal darf es aber nicht Wochen dauern, bis ich zu des Pudels Kern vorstoße.

Es geht wieder los, ich wische mich erneut durch die Männerwelt!